Technische Gase
Technische Gase sind Spezialgase, die in einer Vielzahl von industriellen und wissenschaftlichen Anwendungen eingesetzt werden. Sie sind wesentliche Bestandteile vieler Prozesse, stellen eine wichtige Energiequelle dar und ermöglichen die Herstellung von Produkten höchster Qualität. Technische Gase werden in vielen verschiedenen Branchen eingesetzt, von der Medizin bis zur Luft- und Raumfahrt und von der Elektronik bis zur Lebensmittel- und Getränkeindustrie.
Die gängigsten technischen Gase sind Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxid und Argon. Neben diesen vier Hauptgasen gibt es Dutzende weiterer Spezialgase, die in der Industrie eine wichtige Rolle spielen. So wird beispielsweise Wasserstoff in Brennstoffzellen und Motoren verwendet, und Helium wird in vielen kryogenen Prozessen eingesetzt. Chlor und Brom werden in der Wasser- und Abwasseraufbereitung eingesetzt, während Ammoniak für die Düngemittelproduktion unerlässlich ist.
In diesem Artikel wird auf die technischen Gase Argon, Helium, Stickstoff, Kohlendioxid und Sauerstoff eingegangen. Außerdem erfolgt eine Unterscheidung in Inerte Gase und Schutzgase, da deren Wirkung im Produktionspress sehr unterschiedlich ist.
Inerte Gase
Der Begriff "inert" kommt aus der lateinischen Sprache und bedeutet träge. Die Trägheit dieser Gase bezieht sich auf die Reaktionsfähigkeit mit anderen Elementen. Inerte Gase gehen keine oder kaum chemische Reaktionen ein. Besonders dafür geeignet sind die Gase Helium und Argon, die es nur in atomarer Form gibt und aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften nicht in der Lage sind, mit anderen Stoffen zu reagieren. Aus diesem Grund werden diese Gase auch als Schutzgase bezeichnet.
Inertgase haben eine doppelte Wirkung:
- Inerte Gase reagieren nicht oder kaum mit anderen Elementen und durch ihre Reaktionsträgheit greifen sie Metalle nicht an.
- Schutzgase verdrängen die Atemluft aus dem Bearbeitungsbereich und hindern den Sauerstoff daran, mit dem Metall zu reagieren.
Welche Inertgase gibt es?
Von den 118 bekannten Elementen sind lediglich 8 Gase so träge, dass sie als Schutzgas eingesetzt werden können. Von diesen Gasen können wiederum nur Stickstoff, Helium, Neon, Argon, Krypton und Xenon uneingeschränkt als Inertgas verwendet werden.
Radon ist auch ein inertes Gas, wird aber nicht in der Industrie genutzt, da es radioaktiv ist.
Auch Kohlendioxid kann bei niedrigeren Temperaturen als Schutzgas verwendet werden. Jedoch gibt es bei diesem Gas etwas zu beachten.
Aktive Gase
Die Stahlverarbeitung ist ein komplexer Prozess, bei dem eine Vielzahl von Aktivgasen eingesetzt wird, um hochwertige Stahlerzeugnisse herzustellen. Aktivgase sind bei der Stahlherstellung unverzichtbar, da sie eine wichtige Rolle bei der Erzeugung der gewünschten Mikrostruktur und der Eigenschaften des Endprodukts spielen.
Aktivgase werden bei der Stahlherstellung in der Regel eingesetzt, um die chemische Zusammensetzung des Stahls zu verändern, die Temperatur, bei der der Stahl bearbeitet wird, zu senken und die Oberflächenbeschaffenheit des Stahls zu verbessern. Zu den wichtigsten aktiven Gasen, die bei der Stahlverarbeitung eingesetzt werden, gehören Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Sauerstoff wird verwendet, um den Kohlenstoffgehalt des Stahls zu erhöhen, was zur Steigerung der Festigkeit und Härte des Stahls beitragen kann. Mit Stickstoff kann die Temperatur, bei der der Stahl bearbeitet wird, gesenkt werden, was die Bildung von Rissen und anderen Fehlern verhindern kann. Schließlich kann Wasserstoff zur Verbesserung der Oberflächenbeschaffenheit des Stahls eingesetzt werden, indem er die Korrosionsbeständigkeit erhöht und die Porosität des Stahls verringert.
Neben der Veränderung der chemischen Zusammensetzung des Stahls können aktive Gase auch zur Verringerung des Energiebedarfs bei der Verarbeitung des Stahls eingesetzt werden.
Argon als Schutzgas
Argon gehört wie Helium und Xenon zu den Edelgasen und ist ein sehr reaktionsträges Gas. Aus diesem Grund wird Argon als Schutzgas in der Industrie eingesetzt. Argon ist ein sehr häufiges Element und kommt natürlich in unserer Erdatmosphäre vor. Mit einer Konzentration von fast einem Prozent, belegt Argon nach Stickstoff und Sauerstoff den dritten Platz in der Atemluft. Aufgrund dieser hohen Konzentration wird dieses Edelgas chemisch direkt der Luft entzogen.
Da Argon so gut wie keine chemischen Verbindungen eingeht, eignet es sich hervorragend als Schutzgas und wird unter anderem beim MIG- und WIG-Schweißen eingesetzt. Dabei verdrängt das Argon die umgebende Atemluft und verhindert so, dass der Sauerstoff der Luft mit dem geschmolzenen Metall im Schweißbad reagiert.
Argon ist bezüglich der Anschaffungskosten preiswerter als Helium, da Argon verhältnismäßig einfach aus der Atmosphäre destilliert werden kann.
Helium als Inertgas
Ein Heliumatom besteht aus zwei Protonen, zwei Neutronen und zwei Elektronen. Die Elektronen befinden sich in der gleichen, abgeschlossenen Elektronenschale. Die vollständig gefüllte Elektronenschale führt dazu, dass sich Helium sehr reaktionsträge verhält. Bislang wurde noch keine chemische Verbindung mit Helium entdeckt.
Helium geht selbst bei extremen Bedingungen keinerlei Verbindungen mit anderen Elementen ein. Durch diese Reaktionsträgheit eignet sich Helium hervorragend als Intertgas für die Industrie. Zum Beispiel beim Schweißen oder Laserschneiden verdrängt Helium die Umgebungsluft und verhindert so chemische Reaktionen zwischen dem erhitzten Metall und des in der Luft enthaltenen Sauerstoffs.
Stickstoff als Inertgas
Stickstoff ist ein farbloses, geruchsneutrales und geschmackloses Gas, welches einen Volumenanteil von 78 Prozent in der Erdatmosphäre ausmacht. Stickstoff ist ungiftig, kann aber in hoher Konzentration eine tödliche Wirkung (Erstickungsgefahr) auf Lebewesen haben.
Stickstoff ist ein reaktionsträges Gas und kann aus diesem Grund als Schutzgas beim Schweißen und Laserschneiden eingesetzt werden. Stickstoff findet auch in vielen anderen Bereichen der Industrie eine Verwendung. Es eignet sich als Kühlmittel, als Schutzgas für die Verpackung von Lebensmitteln. Stickstoffverbindungen sind in Düngemitteln und Sprengstoffen enthalten. Beim Nitrieren wird Stickstoff verwendet, um die Oberfläche von Stahl zu härten.
Stickstoff kann durch chemische Verfahren direkt aus der Atemluft gewonnen werden. Aufgrund der Häufigkeit und der weltweiten Verfügbarkeit ist Stickstoff wesentlich preiswerter in der Beschaffung als Helium, Argon oder andere Schutzgase.
Stickstoff verdrängt den Sauerstoff in der Atemluft und verhindert bei thermischen Bearbeitungsverfahren die Oxidation des aufgeschmolzenen Metalls. Schweißnähte, die mit Schutzgasen hergestellt wurden, sind qualitativ viel hochwertiger und langlebiger. Beim Laserschneiden verhindert Stickstoff die Bildung von Zunder und Schlacke und verbessert die Qualität der Laserteile an den Schnittkanten.
Stickstoff beim Laserschneiden
Bei Rime wird Schmelzschneiden angewandt. Der dabei verwendete Stickstoff eignet sich hervorragend zum oxidationsfreien Schneiden von Blechtafeln. Theoretisch könnte man auch ein Argon-Helium-Gemisch nutzen, jedoch ist der Preis für Stickstoff ca. 40% niedriger als der von Edelgasen. Die Entscheidung für Stickstoff ist somit auch wirtschaftlicher Natur, um Laserschneiden zu vernünftigen Preisen anbieten zu können.
Da der Stickstoff, ähnlich wie die Edelgase keine chemischen Verbindungen mit dem Metall eingeht, sind die Werkstückkanten sehr sauber und müssen nur selten nachbearbeitet werden. Diese Tatsache macht die Laserbearbeitung trotz des hohen Stickstoffverbrauchs zu einem wirtschaftlichen Blechbearbeitungsverfahren.
Kohlendioxid – Ein inertes Gas wird aktiv
Kohlendioxid wird häufig als Schutzgas verwendet und schützt unter anderem auch unsere Lebensmittel. Beim Schweißen kann CO2 in Verbindung mit Argon oder Helium eingesetzt werden. Es ist aber sehr wichtig zu beachten, dass Kohlendioxid bei höheren Temperaturen seinen Schutzgas-Charakter verliert und zu einem aktiven Gas wird.
Dies bedeutet, dass Kohlendioxid mit dem Schweißbad reagiert und sich Kohlenstoff im flüssigen Metall anreichert. Die Anreicherung ist bei diesem Schweißverfahren durchaus erwünscht, da so die Härte erhöht werden kann. Der Grad dieses Effektes kann über die CO2-Menge im Schutzgas gesteuert werden.
Das Problem mit Sauerstoff
Sauerstoff ist mit einem Volumenanteil von 20% das zweithäufigste Gas in unserer Atmosphäre und auf unserem Planeten mit Abstand das häufigste Element. Dieses Gas ist sehr reaktionsfreudig und geht mit dem Großteil der anderen Elemente Verbindungen ein. Seine zersetzende Wirkung auf Eisen und Stahl entfaltet der Sauerstoff jedoch erst in Verbindung mit Wasser. Durch Diffusionsprozesse entreißt Wasser dem Eisen Ionen, was es dem Sauerstoff dann ermöglicht das Eisen effektiv anzugreifen.
Anders verhält es sich beim Schweißen, Laserschneiden oder anderen thermischen Bearbeitungsverfahren. Durch die enorm hohen Temperaturen kann der Sauerstoff auch ohne Hilfe von Wasser mit dem Metall reagieren. Aus diesem Grund muss der Bereich, in dem sich flüssiges Metall befindet, durch Inertgase von der Luft abgeschirmt werden.
Sauerstoff, ein Stahlschädling
In einer feuchten Umgebung greift Sauerstoff unlegierte oder niedriglegierte Stähle an und zersetzt durch Oxidationsprozesse die Oberfläche des Materials. Wird diesem Prozess nicht entgegengewirkt, setzt sich dieser Prozess immer weiter fort. Es kommt zu Lochfraß und letztendlich zur kompletten Zersetzung des Materials.
Sauerstoff kann aber auch bei der Verarbeitung von Stahl in das Material eingebracht werden. Dies kann beim Schweißen und Laserschneiden passieren, wenn nicht genügend Aufmerksamkeit auf den Einsatz von Schutzgasen (Inertgasen) gelegt wird. Ein Schutzgas, wie Stickstoff, verhindert das Eindringen von Sauerstoffmolekülen aus der Umgebungsluft in das geschmolzene Material. Wird der Sauerstoff nicht abgeschirmt, wird sich an der Schweißnaht Rost bilden, wodurch die Schweißkonstruktion instabil werden kann.
Die reaktionsfreudige Eigenschaft des Sauerstoffs kann auch einen positiven Einfluss auf die Stahlherstellung haben. Befinden sich zu viel Schwefel oder Phosphor in der Stahlschmelze, dann können diese Elemente mit Hilfe von Sauerstoff verbrannt werden. Auch beim Frischen (Reduktion des Kohlenstoffgehaltes) ist Sauerstoff wichtig.
In der Stahlverarbeitung wird Sauerstoff auch als Aktivgas verwendet. Beim Brennschneiden wird anstatt eines Schutzgases Sauerstoff in den Bearbeitungsbereich eingeblasen, um eine deutlich höhere Temperatur zu erreichen. So können dickere Materialstärken bearbeitet werden. Nach dem Zuschnitt müssen die Schnittkanten jedoch von Schlacke und Zunder befreit werden.